Die zwischen 1929 und 1932 erbaute Staustufe, verbindet unseren Stadtteil mit dem Stadtteil Schwanheim. Dort habe ich die ersten 13 Jahre meines Lebens verbracht. Ein Highlight war damals für mich und mein Bruder ein Ausflug an die Staustufe. An warmen Sommertagen war es mit unserer Mutter umso schöner, da es meistens verbunden war mit einem Besuch bei der Griesheimer Eisdiele.
Wenn man klein ist, wirkt alles außerhalb der gewohnten Umgebung neu und aufregend. So war auch Griesheim für mich ein spannender und aufregender Ort. Über die Staustufe zu gehen, um an diesen Ort zu gelangen, machte es nur noch umso mysteriöser. Als junges Mädchen war die Staustufe sowohl ein beeindruckender, als auch abenteuerlicher Ort. Den Schiffen an der Schleuse habe ich gerne zugeschaut. Meine Mutter musste mich immer hochheben, da ich damals noch zu klein war, um über das Geländer zu schauen. Spannend fand ich vor allem die Flaggen an den Schiffen, die aus so unterschiedlichen Ländern stammten. Ich winkte immer den Leuten die auf dem Schiff waren und wenn ich Glück hatte, winkte jemand zurück. Wenn wir sehr viel Glück hatten, läuteten sie sogar das Schiffshorn.
Aber auch wenn mich meine Mutter nicht hochgehoben hat, hatte ich einen spannenden Ausblick und zwar nach unten. Die Gitter unter meinen Füßen fand ich sowohl beängstigend, da ich etwas Höhenangst habe, als auch spannend. Durch sie hindurch konnte ich mir die Schwäne und Enten ansehen. Das Highlight war allerdings, wenn die Walzen unten waren. Dann raste das Wasser nur so hinunter. Wenn wir mit unseren Fahrrädern unterwegs waren, stiegen wir von unseren Rädern und schoben diese, da unsere Mutter uns immer erzählt hat, dass sich sonst die Schrauben vom Gitterboden lösen. Davor hatte ich wohl am meisten Angst. Noch heute steige ich immer vom Rad, wenn ich die Staustufe überquere, auch wenn ich keine Angst mehr davor habe, dass sich die Schrauben lösen. 🙂
Heute lebe ich in Griesheim und der Ort hat zwar etwas an dem Geheimnisvollen verloren, das ich als Kind empfunden habe, aber nicht an Charme. Ich gehe gerne an die Staustufe und genieße an schönen, sonnigen Sommertagen den Sonnenuntergang, jetzt kann ich ja über das Geländer schauen. Und wenn ich Kinder sehe oder auch meinen Neffen hochhebe, damit er sich die Schiffe anschauen kann, erinnere ich mich an die gute alte Zeit.
Autorin: Shannon im Februar 2020