Füreinander da sein – trotz Abstand
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Das Nachbarschaftsbuch
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„Mein Name ist Sandra Fariat, ich bin jetzt 50 Jahre alt und kenne Griesheim nun seit 25 Jahren, also die Hälfte meines Lebens.

Ich arbeite als Sozialpädagogin seit 1995 für den Internationalen Bund im IB Jugendclub Griesheim sowie seit 2019 auch mit ein paar Wochenstunden im IB Jugendbüro/Aufsuchende Jugendarbeit und einmal wöchentlich im IB Fema- Treffpunkt für Mädchen und Frauen. Ich mag die Arbeit mit den jungen Menschen sehr, weil kein Tag wie der andere ist; wir wissen nie, was passiert, wenn die Tür sich öffnet, welche Person als nächstes mit welchem Anliegen kommt.

Griesheim hat sich seit 1995 sehr zum Positiven verändert; besonders bei Jugendlichen ist das spürbar. Während die 1990-er Jahre leider durch gewalttätige Auseinandersetzungen sowie dem Konsum und Handel von Rauschmitteln geprägt waren, spielen Gewalt und Kriminalität nunmehr eine untergeordnete Rolle. Besonders fällt im Jugendbereich auf, dass vor 25 Jahren viele der Klient*innen schulmüde waren, nur Wenige Schulabschlüsse hatten und auch seltener als heute am Übergang in den Beruf interessiert waren. Mittlerweile ist es tatsächlich so, dass die meisten jungen Menschen, mit denen ich Kontakt habe, zumindest daran interessiert sind, gute Abschlüsse zu erreichen und sich beruflich zu etablieren. Der gesamte Beratungsbereich im Übergang Schule-Beruf liegt mir am Herzen und ich verbringe einen großen Teil meiner Arbeitszeit gern mit diesem Thema.

Was ich an Griesheim schon immer sehr mochte, sind die vielen wirklich netten Menschen, die ich kennen lernen durfte. Anwohner*innen, Menschen aus Vereinen, Familienangehörige der Jugendlichen, Mitarbeiter*innen in Geschäften, Passant*innen und viele mehr. Da ich auch frankfurtweit vernetzt bin mit Einrichtungen anderer Träger habe ich festgestellt, dass die Vernetzung in Griesheim in ganz Frankfurt eine Sonderstellung hat: Es gibt hier viele Einrichtungen verschiedener Träger, die sich zu unterschiedlichen Themen regelmäßig oder sporadisch austauschen, treffen, gemeinsam Feste oder Aktionen, Mädchenmonate und vieles mehr auf die Beine stellen. Es macht nicht nur viel Spaß, mit vielen Menschen im Austausch zu sein, voneinander zu lernen, sich manchmal viele Jahre lang zu begleiten, sondern durch die gegenseitige Bereitstellung von Ressourcen können wir gemeinsam sowohl finanzielle Mittel als auch Kompetenzen nutzen, was uns allen und besonders den Kindern und Jugendlichen in Griesheim zu Gute kommt. Das ist sehr wichtig, sie sind unsere Zukunft. Ich trage viele Erinnerungen an Ereignisse, Menschen und Orte in Griesheim in mir. Es gab sehr traurige und überaus anstrengende Momente und Situationen, aber auch viele aufregende und glückliche Momente.

In meinem privaten Leben verbringe ich ebenfalls gern Zeit mit vielen unterschiedlichen Menschen, mein Leben wäre sehr leer ohne sie. Ich bin froh, dass ich verschiedene Sprachen sprechen kann und kann das gut auf Reisen nutzen. Ich spiele Boule, Billard und andere Spiele, das kommt mir im Jugendclub zu Gute. Leidenschaftlich gern besuche ich Konzerte, ich tanze, schwimme und fahre Fahrrad. Immer wieder wird mir nachgesagt, ich würde viel und schnell reden und könne mich nicht kurz fassen: unter uns gesagt halte ich das für üble Nachrede 🙂

Das Projekt „Gemeinsam in Griesheim“ ist für mich eine Herzensangelegenheit, es ist an der Zeit, etwas zu tun, damit möglichst viele Menschen erkennen, dass wir wirklich alle gleich sind, das Leben könnte so leicht und sicher sein…. Die Ereignisse der letzten Jahre, Monate, Wochen zeigen, dass es keine Option mehr ist, NICHTS zu tun. Das sind wir den nächsten Generationen in vielfacher Hinsicht schuldig.“

JR
JR